
DFiN – George’s Frage
15/11/2020
DFin – Ficos Erwachen
15/11/2020Sein Blick hing angestrengt auf den nebelverhangenen Waldsaum.
Verlor er allmählich den Verstand, oder hatte Nils wirklich einen hellen, orangen Fleck in der Ferne gesehen, der sich über einen kleinen Grasbuckel schob?
Unruhig und schwer atmend hob er das Gewehr auf halbe Höhe und entsicherte es mit leisem Klacken. Was hatte er da gesehen?
Raider? Der letzte Angriff lag fast drei Jahre zurück und sie alle waren zur Überzeugung gelangt, diese waren weiter gezogen – oder viel eher: tot. Natürlich verließen sie ihre Farm nicht oft, aber ein paar Mal musste es sein. Und ein jedes Mal waren sie zurückgekehrt, ohne Spuren der räuberischen Banden gefunden zu haben, die ihnen das Leben so lange erschwerten.
Strider? Die meisten waren in ein unauffälliges beige bis braun gekleidet, manche eher ins gräuliche oder rötliche ragend, bis hin zu wirklich dunklen Exemplaren, die eher zwischen grau und schwarz schwanken. Aber grelles Orange? Das war noch nicht vorgekommen.
Überlebende? Es war etliche Jahre her, seit die letzten Überlebenden aufgegriffen wurden, darunter der Junge und Luci. Auch von den letzten wenigen kleinen Enklaven, die wie ihre ihr Glück im Überleben versuchten und mal nur ein oder zwei, mal einer Hand voll Menschen Zuflucht boten, hatten sie seit dem letzten Winter nichts mehr gehört.
Und Tiere mit so durchdringender Färbung gab es hier nicht. Er war sich nicht einmal mehr sicher, ob es sie überhaupt irgendwo noch gab, geschweige denn mit solch einem Fell. Selbst die Wildschweine und Rehe waren äußerst rar geworden.
Aber wenn es nichts Natürliches war, so musste es wohl von Menschenhand geschaffen worden sein. Und was von Menschenhand geschaffen wurde, wurde meist auch von Menschen getragen und benutzt. Und Menschen… Menschen bedeuteten in dieser Zeit Gefahr.
Langsam bewegte er sich am Rand der Scheune in die Richtung, in die sich der grell orange Fleck bewegte, mit, um an ihrer Ecke wieder zu verharren, doch ohne einen neuerlichen Blick zu erhaschen. Vielleicht war der Zaun der dort entlang führte bereits zu sehr vom Nebel verschluckt, oder vielleicht war es auch der leicht unebene Boden, der es ihm unmöglich machte, aber für ihn zeigte sich dort nur eine graue milchige Masse durch die sich schwarze Stämme bohrten.
Seine Hand kletterte langsam den Eckposten hinauf, bis er die dort angebrachte Glocke ertastete, und von dort ausgehend seine Finger langsam zum Klöppel des Schlaginstrumentes weiterwandern ließ.
Ein Atemzug verstrich.
Dann ein Zweiter.
Wenn er Alarm gab, gab er unter Umständen einen Vorteil auf. Vielleicht würde der Feind einfach fliehen, und in irgendeiner anderen Nacht angreifen, wenn sie es nicht erwarteten. Wenn er jedoch nichts tat, waren die anderen nicht gewarnt, wenn es zu einem Angriff kam und vielleicht schutzlos.
Wieder verstrich ein Atemzug.
Doch zu einem Zweitem kam es erst gar nicht. Mimis Grollen ließ ihn aufschrecken, da er sie ganz übersehen hatte, und alleine das Zucken läutete den hellen Ton bereits zweimal, ehe er seine vor Schreck zittrige Hand wieder unter Kontrolle hatte.
»Verdammtes Mistvieh!« fauchte er sie an, sich im nächsten Moment wieder besinnend; jetzt hatte es keinen Sinn mehr zu warten und zu hadern, und er konnte ja sogar verstehen warum sie dort hinaus grollte, genauso wie er verstehen konnte, dass sie die Flucht ergriff, als er begann die hellklingende Glocke nun laut zu schlagen.