
DFiN – Nils Frage
15/11/2020
DFiN – Nils‘ Flucht
15/11/2020Das laute Gebimmel der Warnglocke des Haupthauses riss Fico aus dem Schlaf. Normalerweise lag er um diese Uhrzeit gar nicht mehr im Bett, aber eines der Kälber war etwas schwach auf der Brust, so dass er die halbe Nacht damit zubrachte es zu füttern und auf die Beine zu stellen, um seinen Kreislauf in Schwung zu bringen.
Nicht dass Fico je damit gerechnet hatte eines Tages Kälber zu hüten. Er hatte sich von seinem Studentenaustauschprogramm erhofft, in dieser Fremde mannigfaltige Eindrücke zu gewinnen und mit ein paar gut bewerteten Praktikas zurück zu kehren, die ihm einen besseren Einstieg in seinen Job verschafften. Informatiker. Heutzutage nicht weniger wert, als ein morsches Stück Holz, dass man zwar einsetzen konnte – aber das einfach zu wenig Substanz für die wirklich wichtigen Dinge hatte.
Aber heute, hier und jetzt war dies alles egal. Was zählte war das Schießtraining, dass er auf der Farm erhalten hatte. Was zählte war, nicht zu zögern.
Fico sprang aus seinem einfachen, selbstgezimmerten Bett, in dass er sich über die alte durchgelegene Matratze Decken geworfen hatte, damit er halbwegs bequem liegen konnte. Die Hose hatte er sowieso nur über die Rücklehne des alten Küchenstuhls geworfen, den er als improvisierten Nachttisch danebenstehen hatte. Zwei Handgriffe und er war in diese geschlupft, und ein weiterer, das Gewehr zu greifen, das an der Wand lehnte. Es war nicht unbedingt gern gesehen, die Waffen mit aufs Zimmer zu nehmen, aber er machte sonst kein Auge mehr zu.
Nicht dass es ihm mit der Waffe leichter fiel, zu Schlafen. Diese Biester hatten sich in seinen Kopf gefressen und nagten seitdem beständig an den Rändern seines Verstandes. Schloss er die Augen konnte er das laute, mit einem schwirrenden Unterton versehene Rattern ihrer Gliedmaßen hören und das tiefe Brummen der fast doppelt so großen und mit Flügeln versehenen Weibchen, dass ihr Nahen verkündete.
Schweiß brach auf seiner Stirn aus und tropfte ihm ins Auge. Fluchend rieb er sich dieses, als das Brennen ihn zwang das Lid zu schließen, und er auf einem Auge blind nach seiner Waffe tastete.
Kaum fühlte er kalten Lauf, riss er die Türe auf und stürzte schon durch den Gang, auf die schmale Treppe zu, nur aus dem Augenwinkel wahrnehmend, wie eine weitere der alten schweren Eichentüren aufgestoßen wurde und Audrey hinausstürzte, die er anhand ihres schwarzkrausigen Lockenkopfs identifizierte.
»Hol dir eine Waffe!« rief Fico ihr noch zu, ehe er zur Vordertür hinausstürzte, dem Glockenläuten entgegen, das immer energischer wurde, je länger sie brauchten.